Entscheidungsdatum: 19.12.2000 Aktenzeichen: 2 BvR 1500/97
Leitsatz
1. Eine Religionsgemeinschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts werden will (GG Art 140
iVm WRV Art 137 Abs 5 Satz 2), muss rechtstreu sein.
a) Sie muss die Gewähr dafür bieten, dass sie das geltende Recht beachten, insbesondere die
ihr übertragene Hoheitsgewalt nur in Einklang mit den verfassungsrechtlichen und sonstigen
gesetzlichen Bindungen ausüben wird.
b) Sie muss außerdem die Gewähr dafür bieten, dass ihr künftiges Verhalten die in GG Art
79 Abs 3 umschriebenen fundamentalen Verfassungsprinzipien, die dem staatlichen Schutz
anvertrauten Grundrechte Dritter sowie die Grundprinzipien des freiheitlichen Religions- und
Staatskirchenrechts des Grundgesetzes nicht gefährdet.
2. Eine darüber hinausgehende Loyalität zum Staat verlangt das Grundgesetz nicht.
Orientierungssatz
1a. Eine Religionsgemeinschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts werden will, muss
durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die prognostische Einschätzung stützen,
dass sie auch in Zukunft dauerhaft bestehen wird. Für die Einschätzung dauerhaften Bestands
ist neben dem Kriterium der Mitgliederzahl der tatsächliche Gesamtzustand der Gemeinschaft
zu würdigen.
1b. Eine förmliche Voraussetzung des Inhalts, dass sich eine Religionsgemeinschaft, die den
Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts erstrebt, zunächst als eingetragener Verein zu
bewähren habe, folgt aus GG Art 140 iVm WRV Art 137 Abs 5 S 2 nicht.
1c. Auch der eschatologische Glaube steht einer positiven Einschätzung der Gewähr der Dauer
nicht entgegen.
Hier:
Der Beschwerdeführerin, der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas, jedenfalls kann unter
diesem Gesichtspunkt die Gewähr der Dauer nicht abgesprochen werden. Ihr Mitgliederbestand
ist unbeeinträchtigt, obwohl mehrmals ein von ihr konkret berechneter Weltuntergang nicht
stattgefunden hat.
2a. Im Kontext des GG ist der den Religionsgemeinschaften in WRV Art 137 Abs 5 S 2
angebotene Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ein Mittel zur Entfaltung
der Religionsfreiheit. Der Status soll die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der
Religionsgemeinschaften unterstützen.
2b. Die korporierten Religionsgemeinschaften unterscheiden sich im religiös-weltanschaulich
neutralen Staat des GG, der keine Staatskirche oder Staatsreligion kennt, grundlegend von den
Körperschaften des öffentlichen Rechts im verwaltungs- und staatsorganisationsrechtlichen
Verständnis. Sie nehmen keine Staatsaufgaben wahr, sind nicht in die Staatsorganisation
eingebunden und unterliegen keiner staatlichen Aufsicht (vgl BVerfG, 1983-12-13, 2 BvL 13/82,
BVerfGE 66, 1 <19f>).
2c. Ihnen werden aber mit dem Körperschaftsstatus bestimmte hoheitliche Befugnisse
übertragen. Diese und andere Vergünstigungen erleichtern es der Religionsgemeinschaft,
ihre Organisation und ihr Wirken nach den Grundsätzen ihres religiösen Selbstverständnisses
zu gestalten und die hierfür erforderlichen Ressourcen, etwa in Form finanzieller Mittel, zu
erlangen.
Die Vergünstigungen bewirken mit erhöhten Einflussmöglichkeiten aber auch die erhöhte
Gefahr eines Missbrauchs zum Nachteil der Religionsfreiheit der Mitglieder oder zum Nachteil
anderer Verfassungsgüter. Deswegen muss bei der Bestimmung der Voraussetzungen für die
Erlangung eines Körperschaftsstatus auch die Verantwortung des Staates zur Geltung gebracht
werden, welche das GG ihm auferlegt.
3. Zu Ls 1a:
Allerdings stellt nicht jeder einzelne Verstoß gegen Recht und Gesetz die Gewähr rechtstreuen
Verhaltens in Frage. Auch den korporierten Religionsgemeinschaften ist es unbenommen,
Meinungsverschiedenheiten mit staatlichen Behörden über Grenzen der Religionsfreiheit und
des religiösen Selbstbestimmungsrechts durch die Gerichte klären zu lassen. Vorbehalte stehen
der Verleihung des Körperschaftsstatus so lange nicht im Wege, als die Religionsgemeinschaft
im Grundsatz bereit ist, Recht und Gesetz zu achten und sich in die verfassungsmäßige
Ordnung einzufügen.
4. Zu Ls 1b:
4a. Eine systematische Beeinträchtigung oder Gefährdung dieser vom GG auf Dauer gestellten
Grundsätze, wozu die Prinzipien von Rechtsstaat und Demokratie gehören, darf der Staat nicht
hinnehmen, auch nicht von Seiten einer als Körperschaft des öffentlichen Rechts verfassten
Religionsgemeinschaft.
4b. An die einzelnen Grundrechte sind die korporierten Religionsgemeinschaften – außer in
Ausübung hoheitlicher Befugnisse – zwar nicht unmittelbar gebunden. Die Verleihung des Status
einer Körperschaft des öffentlichen Rechts bindet sie aber an die Achtung der fundamentalen
Rechte der Person, die Teil der verfassungsmäßigen Ordnung ist.
Das GG verpflichtet den Staat, menschliches Leben und die körperliche Unversehrtheit zu
schützen. Kinder stehen unter dem staatlichen Schutz von GG Art 2 Abs 1 und Abs 2 S 1
sowie GG Art 6 Abs 2 S 2. GG Art 4 Abs 1 und 2 fordert vom Staat, den Einzelnen und religiöse
Gemeinschaften vor Angriffen und Behinderungen von Anhängern anderer Glaubensrichtungen
oder konkurrierender Religionsgruppen zu schützen (vgl BVerfG, 1995- 05-16, 1 BvR 1087/91,
BVerfGE 93, 1 <16> – Kruzifix-Beschluß).
Ebenso darf das Verhalten solcher mit dem bevorzugten Status ausgestatteter
Religionsgemeinschaften die Grundsätze des freiheitlichen Staatskirchenrechts nicht
beeinträchtigen oder gefährden. Das Verbot einer Staatskirche sowie die Prinzipien von
Neutralität und Parität müssen unangetastet bleiben.
4c. Andererseits dürfen die rechtlichen Anforderungen an eine Religionsgemeinschaft, die
Körperschaft des öffentlichen Rechts werden will, nicht ihrerseits in Widerspruch zu den
prinzipiellen Wertungen des verfassungsrechtlichen Religions- und Staatskirchenrechts
geraten. Wegen des Grundsatzes der religiös-weltanschaulichen Neutralität darf der Staat eine
antragstellende Religionsgemeinschaft nicht nach ihrem Glauben, sondern nur nach ihrem
Verhalten beurteilen.
Den als Körperschaften des öffentlichen Rechts verfassten Religionsgemeinschaften bleibt es
unbenommen, ihr Verhältnis zu anderen Religionen und Religionsgemeinschaften nach ihrem
eigenen religiösen Selbstverständnis zu gestalten, solange sie den verfassungsrechtlichen
Ordnungsrahmen, der auch die Grundlage ihrer eigenen religiösen Freiheit bildet, nicht
beeinträchtigen. Dies wäre etwa der Fall, wenn sie auf die Verwirklichung einer theokratischen
Herrschaftsordnung hinwirkten.
5. Zu Ls 2:
Die korporierten Religionsgemeinschaften brauchen ihr Wirken nicht an den Interessen und
Zielen des Staates auszurichten, weil die Religionsfreiheit es ihnen überlässt, wie sie den ihnen
eröffneten Freiheitsraum ausfüllen. Außerdem ist „Loyalität“ ein vager Begriff, der auch auf eine
innere Disposition und nicht nur auf ein äußeres Verhalten zielt
6. Die Prüfung, ob eine Religionsgemeinschaft nach ihrem Verhalten die Gewähr dafür bietet,
die in GG Art 79 Abs 3 umschriebenen fundamentalen Verfassungsprinzipien, die staatlichem
Schutz anvertrauten Grundrechte Dritter sowie die Grundprinzipien des Religions- und
Staatskirchenrechts des GG nicht zu beeinträchtigen oder zu gefährden, setzt eine komplexe
Prognose voraus. Hier ist den Fachgerichten eine typisierende Gesamtbetrachtung und
Gesamtwürdigung aller derjenigen Umstände aufgegeben, die für die Entscheidung über den
Körperschaftsstatus von Bedeutung sind.
7a. Im vorliegenden Fall hat das BVerwG zutreffend angenommen, dass der Beschwerdeführerin
der Körperschaftsstatus nicht schon wegen ihrer grundsätzlichen Haltung zum Staat versagt
werden darf, auch wenn diese den Staat als „Bestandteil der Welt Satans“ ansieht. Sie erkennt
ihn als von Gott geduldete Übergangsordnung an. Eine darüber hinausgehende Zustimmung
oder Hinwendung zum Staat verlangt das GG nicht.
7b. Aber auch das religiöse Verbot der Teilnahme an staatlichen Wahlen rechtfertigt die
Versagung des Körperschaftsstatus nicht. Die Beschwerdeführerin will nicht die Demokratie
durch eine andere Staatsform ersetzen, sie verfolgt einen apolitischen Lebensentwurf. Ihr
Verhalten gegenüber staatlichen Wahlen ist ein Gesichtspunkt, der zwar bei der gebotenen
typisierenden Gesamtbetrachtung Berücksichtigung finden kann, der aber für sich allein die
Annahme einer Gefährdung der unantastbaren Gehalte des Demokratieprinzips nicht trägt.
7c. Das angegriffene Urteil des BVerwG verletzt GG Art 140 iVm WRV Art 137 Abs 5 S 2. Bei
der den Fachgerichten nunmehr aufgegeben erneuten Prüfung des Verleihensanspruchs wird
insbesondere zu klären sein, ob die staatlichem Schutz anvertrauten Grundrechte Dritter einer
Verleihung des Körperschaftsstatus entgegenstehen. Im fachgerichtlichen Verfahren ist offen
geblieben, ob die Beschwerdeführerin durch die von ihr empfohlenen Erziehungspraktiken
das Wohl der Kinder beeinträchtigt oder austrittswillige Mitglieder zwangsweise oder mit
vom GG missbilligten Mitteln in der Gemeinschaft festhält und damit dem staatlichen Schutz
anvertraute Grundrechte beeinträchtigt.
Fundstellen
BVerfGE 102, 370-400 (Leitsatz und Gründe)
NJW 2001, 429-433 (Leitsatz und Gründe)
DVBl 2001, 284-289 (Leitsatz und Gründe)
ZevKR 46, 224-225 (2001 (Leitsatz und Gründe)
DVP 2001, 250-251 (red. Leitsatz und Gründe)
KirchE 38, 502-519 (2000) (Leitsatz und Gründe)
weitere Fundstellen
NVwZ 2001, 316 (Leitsatz)
JuS 2001, 496 (Leitsatz)
JA 2001, 641 (Leitsatz)
BayVBl 2001, 720-721 (Leitsatz)
KuR 985, 93 (Leitsatz)
Verfahrensgang
vorgehend BVerwG 7. Senat, 26. Juni 1997, Az: 7 C 11/96, Urteil
nachgehend BVerwG 7. Senat, 17. Mai 2001, Az: 7 C 1/01, Urteil
nachgehend BVerfG 2. Senat, 24. Oktober 2001, Az: 2 BvR 1500/97, Gegenstandswertfestsetzung im
verfassungsgerichtlichen Verfahren
Diese Entscheidung wird zitiert
Rechtsprechung
Vergleiche BFH 2. Senat, 30. Juni 2010, Az: II R 12/09
Vergleiche FG Hamburg 3. Senat, 5. November 2009, Az: 3 K 71/09
Vergleiche Niedersächsisches Finanzgericht 1. Senat, 22. Januar 2009, Az: 1 K 128/07
Vergleiche Niedersächsisches Finanzgericht 1. Senat, 22. Januar 2009, Az: 1 K 53/08
Vergleiche Niedersächsisches Finanzgericht 1. Senat, 22. Januar 2009, Az: 1 K 130/07
Vergleiche Niedersächsisches Finanzgericht 1. Senat, 22. Januar 2009, Az: 1 K 238/07
Vergleiche Niedersächsisches Finanzgericht 1. Senat, 22. Januar 2009, Az: 1 K 285/08
Vergleiche BFH 5. Senat, 27. November 2008, Az: V R 8/07
Vergleiche FG Düsseldorf 11. Senat, 14. November 2008, Az: 11 K 4225/07 BG
Vergleiche FG Düsseldorf 11. Senat, 14. November 2008, Az: 11 K 840/08 BG
Vergleiche FG Düsseldorf 11. Senat, 14. November 2008, Az: 11 K 662/08 BG
Vergleiche FG Düsseldorf 11. Senat, 14. November 2008, Az: 11 K 843/08 BG
Vergleiche FG Düsseldorf 11. Senat, 14. November 2008, Az: 11 K 1674/08 BG
Vergleiche FG Düsseldorf 11. Senat, 14. November 2008, Az: 11 K 3633/07 BG
Vergleiche FG Düsseldorf 11. Senat, 14. November 2008, Az: 11 K 3631/07 BG
Vergleiche FG Düsseldorf 11. Senat, 14. November 2008, Az: 11 K 3180/07 BG
Vergleiche FG Düsseldorf 11. Senat, 5. Februar 2008, Az: 11 V 4226/07 A (BG)
Vergleiche FG Köln 4. Senat, 5. September 2007, Az: 4 V 2092/07
Vergleiche FG Düsseldorf 11. Senat, 28. Juni 2007, Az: 11 V 1910/07 A (BG)
Vergleiche BVerfG 2. Senat, 24. Oktober 2006, Az: 2 BvR 1908/03
Vergleiche BVerfG 1. Senat 2. Kammer, 2. Oktober 2003, Az: 1 BvR 536/03
Vergleiche BVerfG 1. Senat 2. Kammer, 12. August 2002, Az: 1 BvR 1044/93
Vergleiche BVerfG 1. Senat, 26. Juni 2002, Az: 1 BvR 670/91
Vergleiche BVerfG 2. Senat 3. Kammer, 26. März 2001, Az: 2 BvR 943/99
Verwaltungsvorschriften
Vergleiche VV NW OFD Münster 2001-02-01 S 2729-120-St 13-31
Vergleiche VV SL FinMin 2001-03-01 B/3-62/2001-S 0171
Vergleiche VV ST OFD Magdeburg 2001-03-19 S 0171-102-St 217
Literaturnachweise
Werner Neumann, jurisPR-BVerwG 13/2008 Anm. 5 (Anmerkung)
Werner Neumann, jurisPR-BVerwG 12/2009 Anm. 4 (Anmerkung)
Ino Augsberg, Der Staat 48, 239-258 (Aufsatz)
Horst Sendler, DVBl 2004, 8-16 (Aufsatz)
Marion Petri, JA 2001, 641-644 (Entscheidungsbesprechung)
Stefan Muckel, Jura 2001, 456-462 (Entscheidungsbesprechung)
Michael Sachs, JuS 2001, 496-498 (Entscheidungsbesprechung)
Reiner Tillmanns, Kirche und Recht im sozialen Rechtsstaat 2003, 919-943 (Festschriftenbeitrag)
Ralf Poscher, NJ 2001, 364 (Anmerkung)
Horst Sendler, NJW 2002, 2611-2613 (Aufsatz)
Heinrich Wilms, NJW 2003, 1083-1090 (Entscheidungsbesprechung)
Christian Hillgruber, NVwZ 2001, 1347-1355 (Entscheidungsbesprechung)
Helmut Goerlich, NVwZ 2001, 1369-1371 (Entscheidungsbesprechung)
Axel von Campenhausen, ZevKR 46, 165-202 (2001) (Entscheidungsbesprechung)
Janbernd Oebbecke, ZfP 2008, 49-63 (Aufsatz)
Praxisreporte
Werner Neumann, jurisPR-BVerwG 13/2008 Anm. 5 (Anmerkung)
Werner Neumann, jurisPR-BVerwG 12/2009 Anm. 4 (Anmerkung)
Kommentare
Bachmann in: jurisPK-BGB, 5. Aufl. 2010, § 89 BGB
Diese Entscheidung zitiert
Rechtsprechung
Vergleiche BVerfG 1. Senat, 16. Mai 1995, Az: 1 BvR 1087/91
Vergleiche BVerfG 2. Senat, 13. Dezember 1983, Az: 2 BvL 13/82
Tenor
1. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Juni 1997 – BVerwG 7 C 11.96 – verletzt
die Beschwerdeführerin in ihrem Recht aus Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit
Artikel 137 Absatz 5 Satz 2 der Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August 1919. Es wird
aufgehoben. Die Sache wird an das Bundesverwaltungsgericht zurückverwiesen.
…
Gründe
A.
1 Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Voraussetzungen, unter denen eine
Religionsgemeinschaft nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 der Verfassung vom 11.
August 1919 (Weimarer Reichsverfassung, im Folgenden: WRV) den Status einer Körperschaft
des öffentlichen Rechts erlangen kann.
I.
2 1. Art. 140 GG erklärt die Art. 136 bis 139 und 141 WRV zu Bestandteilen des Grundgesetzes.
Nach Art. 137 Abs. 5 Satz 1 WRV behalten die Religionsgesellschaften, die bereits vor Erlass
der Weimarer Reichsverfassung Körperschaften des öffentlichen Rechts waren, diesen Status.
Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV bestimmt, dass anderen Religionsgesellschaften dieser Status auf
ihren Antrag hin zu verleihen ist, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder
die Gewähr der Dauer bieten.
3 2. Der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts vermittelt eine Reihe öffentlichrechtlicher
Befugnisse.
4 Nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 6 WRV sind die korporierten Religionsgemeinschaften
berechtigt, von ihren Mitgliedern Steuern zu erheben. Die Organisationsgewalt gibt ihnen die
Befugnis, öffentlich-rechtliche Untergliederungen und andere Institutionen mit Rechtsfähigkeit
zu bilden.
5 Aufgrund ihrer Dienstherrenfähigkeit können sie öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse
begründen. Sie können eigenes Recht setzen und durch Widmung kirchliche öffentliche Sachen
schaffen. Das Parochialrecht gibt der Religionsgemeinschaft die Befugnis, die Zugehörigkeit
eines Mitglieds zu einer Gemeinde allein von der Wohnsitznahme abhängig zu machen.
6 Der Gesetzgeber hat mit dem Körperschaftsstatus für Religionsgemeinschaften eine
Vielzahl von Einzelbegünstigungen verbunden (sog. „Privilegienbündel“). Zu ihnen gehören
beispielsweise steuerliche Begünstigungen (§ 54 AO, § 13 Abs. 1 Nr. 16 ErbStG, § 3 Abs. 1 Nr. 4
GrStG, § 2 Abs. 3 und § 4 a UStG), der Vollstreckungsschutz nach § 882 a ZPO und § 17 VwVG,
die in § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 6 BauGB angeordnete bauplanungsrechtliche Rücksichtnahme auf
die Erfordernisse der korporierten Religionsgemeinschaften, die institutionelle Absicherung der
Zusammenarbeit der Sozialhilfeträger mit den korporierten Religionsgemeinschaften in § 10
BSHG und ihre Anerkennung als Träger der freien Jugendhilfe durch § 75 Abs. 3 SGB VIII.
7 3. Neben den nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 Satz 1 WRV geborenen Körperschaften
haben viele, auch kleinere, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften den
Korporationsstatus nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV erworben. Zu
ihnen gehören etwa die Alt-Katholische Kirche, der Bund Evangelisch-Freikirchlicher
Gemeinden (Baptisten), der Bund freier evangelischer Gemeinden, der Bund freikirchlicher
Pfingstgemeinden, der Bund freireligiöser Gemeinden, der Bund für Geistesfreiheit in Bayern,
die Christengemeinschaft, die Christliche Wissenschaft, die Dänische Seemannskirche in
Hamburg, die Deutschen Unitarier, die Europäisch-Festländische Brüder- Unität (Herrnhuter
Brüdergemeinde), die Evangelisch-Bischöfliche Gemeinde in Hamburg, die Evangelisch-
Methodistische Kirche, die Französische Kirche zu Berlin (Hugenottenkirche), die Freigeistige
Landesgemeinschaft Nordrhein-Westfalen, die Gemeinschaft der Siebenten-Tags-Adventisten,
die Heilsarmee in Deutschland, die Johannische Kirche in Berlin, die Kirche Jesu Christi der
Heiligen der letzten Tage (Mormonen), die Neuapostolische Kirche, die Russisch-Orthodoxe
Kirche (Moskauer Patriarchat), die Russisch-Orthodoxe Metropolie von Deutschland, die
Vereinigung der Mennoniten-Gemeinden oder die Wallonisch-Niederländische Gemeinde Hanau.
II.
8 1. a) Die Zeugen Jehovas sind – zunächst unter der Bezeichnung „Bibelforscher“ – seit Ende
des 19. Jahrhunderts in Deutschland aktiv. Als „Internationale Bibelforscher-Vereinigung“
wurde die Gemeinschaft 1927 als Verein im Vereinsregister des Amtsgerichts Magdeburg
eingetragen. Unter dem Nationalsozialismus wurden die Zeugen Jehovas verfolgt und verboten;
die Eintragung wurde gelöscht. 1945 erfolgte eine vereinsrechtliche Neugründung mit
Eintragung wiederum beim Amtsgericht Magdeburg. 1950 wurde dieser Verein erneut, nun
durch das Innenministerium der DDR, verboten. Daraufhin konstituierte sich die Gemeinschaft
für den Bereich der damaligen Bundesrepublik unter dem Namen „Wachtturm Bibel- und
Traktatgesellschaft, Deutscher Zweig e. V.“ mit Sitz in Selters/ Taunus.
9 b) Beschwerdeführerin ist die „Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas in Deutschland
e. V.“. Sie hat ihren Sitz in Berlin und ist aus der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas
in der DDR hervorgegangen. Diesen, den „Zeugen Jehovas in der DDR“, hat der Ministerrat
der DDR, Amt für Kirchenfragen, auf Antrag mit Urkunde vom 14. März 1990 die „staatliche
Anerkennung“ ausgesprochen.
10 c) Im Laufe des Verfassungsbeschwerde-Verfahrens haben die Zeugen Jehovas ihre rechtliche
Organisation in Deutschland verändert. Der Tätigkeitsbereich der Beschwerdeführerin wurde
auf ganz Deutschland erweitert und diese am 14. Oktober 1999 in das Vereinsregister
beim Amtsgericht Charlottenburg in Berlin eingetragen. Sie ist nunmehr die geistliche
aufsichtsführende Körperschaft aller Zeugen Jehovas in Deutschland.
11 2. a) Mit Schreiben vom 23. Oktober 1990 bat die Beschwerdeführerin den Magistrat und
Senat von Berlin um Bestätigung ihrer Rechtsstellung als Körperschaft des öffentlichen Rechts
und verwies auf die Urkunde des Ministerrats der DDR vom 14. März 1990. Am 8. April 1991
beantragte sie zudem vorsorglich die Verleihung der Körperschaftsrechte gemäß Art. 140 GG i.
V. m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV.
12 b) Mit Bescheid vom 20. April 1993 hat das Land Berlin, Senatsverwaltung für Kulturelle
Angelegenheiten, die Anträge abgewiesen. Die vom Ministerrat der DDR ausgesprochene
Anerkennung sei keine Verleihung des Körperschaftsstatus gewesen. Ein Anspruch auf
Verleihung der Körperschaftsrechte nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV
bestehe nicht. Dieser Anspruch setze ein positives, zumindest nicht distanziert- ablehnendes,
Grundverhältnis der Beschwerdeführerin zum Staat voraus. Außerdem müsse sie die zum
Kernbestand des Grundgesetzes zählenden Normen des Demokratie- und des Toleranzprinzips
bejahen.
13 Zu beobachten sei bereits ein strukturell negatives Grundverständnis gegenüber dem Staat.
Auch gebe es Zweifel hinsichtlich des Toleranzgebots. So werde, geleitet von einem religiösen
Ausschließlichkeitsanspruch im Verhältnis zu anderen Religionsgemeinschaften, jede Form des
Miteinanders abgelehnt.
14 Entscheidend sei, dass die Beschwerdeführerin das aktive wie das passive Wahlrecht ablehne
und lediglich die Mitgliedschaft in Berufsvertretungen zulasse. Auch habe offenbar keines ihrer
Mitglieder Sitz und Stimme in einem Kommunal- oder Landesparlament. Die Teilnahme an der
politischen Willensbildung durch Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts gehöre aber
zu den elementaren Prinzipien der demokratischen Grundordnung. Die generelle Ablehnung
einer Mitwirkung am Prozess der politischen Willensbildung sei nicht mit dem Status einer
Körperschaft des öffentlichen Rechts vereinbar.
15 3. a) Mit ihrer Klage zum Verwaltungsgericht Berlin beantragte die Beschwerdeführerin
festzustellen, dass sie eine Körperschaft des öffentlichen Rechts sei, hilfsweise, das Land Berlin
zu verpflichten, ihr die Rechtsstellung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu verleihen.
16 b) Das Verwaltungsgericht Berlin hat mit Urteil vom 25. Oktober 1993 (NVwZ 1994, S. 609 ff.)
den Hauptantrag abgewiesen und dem Hilfsantrag stattgegeben.
17 Die Voraussetzungen für eine Verleihung der Korporationsrechte gemäß Art. 140 GG i. V.
m. Art. 137 Abs. 5 WRV seien gegeben. Die Beschwerdeführerin erfülle alle Merkmale einer
Religionsgemeinschaft. Die Dauerhaftigkeit ihrer Existenz sei unzweifelhaft.
18 Ebenso sei die weitere, ungeschriebene, Verleihensvoraussetzung der „Rechtstreue“ bzw.
der „uneingeschränkten Achtung der Rechtsordnung“ erfüllt. Anhaltspunkte dafür, dass die
Beschwerdeführerin bei der Ausübung ihrer Rechtsstellung als Körperschaft im außerkirchlichen
Bereich nicht die Gewähr der Rechtmäßigkeit ihrer Handlungen biete oder dem Staat aktiven
Widerstand leisten werde – was allein die Versagung der Verleihung von Körperschaftsrechten
begründen könne -, seien nicht dargelegt und auch nicht ersichtlich. Angesichts des Umstands,
dass die Beschwerdeführerin als mitgliederstarke Religionsgemeinschaft jahrzehntelang –
mit Ausnahme von Verboten und Verfolgungen während der nationalsozialistischen und der
kommunistischen Gewaltherrschaft – in der demokratischen Gesellschaft unbeanstandet
tätig sei, müsse man davon ausgehen, dass es verfassungsfeindliche Bestrebungen und
gesetzeswidrige Verhaltensweisen nicht gebe.
19 Die Annahme, eine Religionsgemeinschaft mit Korporationsstatus müsse in Bezug auf das
Toleranz- und das Demokratiegebot ein Mindestmaß an Bejahung erkennen lassen, verkenne
die Besonderheit des Körperschaftsbegriffs i. S. d. Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 WRV.
Dieser sei nicht im allgemeinen staatsorganisationsrechtlichen Sinn zu verstehen. Er sei
lediglich ein Hilfsbegriff, der die Zuerkennung eines öffentlichen, besonderen, nicht-staatlichen
Status und damit die herausgehobene gesellschaftliche Bedeutung bestimmter Kirchen und
Religionsgemeinschaften unterstreichen solle.
20 Ihre Einstellung zum Staat und zu staatlichen Wahlen könne der Beschwerdeführerin nicht
entgegen gehalten werden.
21 Sie beruhe auf religiösen Überzeugungen, die zu bewerten dem Staat auch dann versagt sei,
wenn ihre Auswirkungen in den öffentlichen Bereich hineinwirkten. Die Beschwerdeführerin
überschreite auch die der Religionsfreiheit gezogenen Grenzen nicht, weil es jedem Mitglied
freistehe, sein Recht zur Teilnahme an der politischen Willensbildung dennoch wahrzunehmen.
22 Auch die an das Toleranzgebot anknüpfende Begründung, die Beschwerdeführerin lehne
im Verhältnis zu anderen Religionsgemeinschaften jede Form des Miteinanders ab,
verkenne Bedeutung und Tragweite des Art. 4 GG. Anders als der Staat seien Kirchen und
Religionsgemeinschaften nicht zur Toleranz verpflichtet. Auch bestünde keine Pflicht zur
Zusammenarbeit mit anderen Religionsgemeinschaften.
23 Ob die Beschwerdeführerin organisatorisch eine „demokratische Binnenstruktur“ habe, sei
unbeachtlich. Die innere Organisation einer Religionsgemeinschaft entspringe dem kirchlichen
Selbstbestimmungsrecht. Der Einfluss der Religionsgemeinschaft auf ihre Mitglieder unterliege
ebenfalls ihrer autonomen Gestaltung, sofern gewährleistet sei, dass die Zugehörigkeit zur
Glaubensgemeinschaft auf dem Prinzip der Freiwilligkeit beruhe. Anhaltspunkte dafür, dass die
Beschwerdeführerin dieses Gebot der Freiwilligkeit missachte, seien weder vorgetragen noch
ersichtlich.
24 4. Mit Urteil vom 14. Dezember 1995 hat das Oberverwaltungsgericht Berlin (NVwZ 1996, S.
478 ff.) die Berufungen der Beschwerdeführerin und des Landes Berlin zurückgewiesen. Die
Beschwerdeführerin besitze den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht, könne
aber dessen Verleihung durch das Land Berlin beanspruchen.
25 Die seit nahezu 100 Jahren auf vereinsrechtlicher Basis tätigen Zeugen Jehovas böten
sowohl nach ihren Statuten und ihren Vermögensverhältnissen als auch nach der Zahl
ihrer Mitglieder die erforderliche Gewähr der Dauer. Die ungeschriebene Voraussetzung
der „Rechtstreue“ sei ebenfalls erfüllt. Dass die Beschwerdeführerin bei der Ausübung ihr
zuerkannter Körperschaftsrechte nicht die Gewähr der Rechtmäßigkeit ihrer Handlungen biete
oder dem Staat in kämpferischer Form aktiven Widerstand leisten werde, sei nicht zu erkennen.
26 Darüber hinausgehende Forderungen ließen sich nicht aus dem Begriff oder der Bedeutung des
Körperschaftsstatus i. S. d. Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 WRV herleiten. Die Verpflichtung
des Staates zu strikter religiöser und weltanschaulicher Neutralität lasse sich nicht durch einen
Rückgriff auf das Demokratieprinzip in Frage stellen. Die Vorwürfe, mit denen die Versagung
der Körperschaftsrechte begründet würden, beträfen im Wesentlichen Verhaltensweisen,
die nach dem Selbstverständnis der Beschwerdeführerin ihrem elementaren geistigreligiösen
Auftrag entsprächen, im staatlichen Zuständigkeitsbereich keine unmittelbaren
Rechtswirkungen entfalteten und sich staatlicher Bewertung deshalb von vornherein entzögen.
Der Appell zur umfassenden Wahlenthaltung beruhe auf dem religiösen Selbstverständnis
der Beschwerdeführerin und sei nicht von der Zielsetzung getragen, das staatliche
Demokratieprinzip als solches in Frage zu stellen oder zu beseitigen.
27 5. Auf die wegen des Hilfsantrags zugelassene Revision des Landes Berlin hat das
Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 26. Juni 1997 (BVerwGE 105, 117 ff.) die Urteile des
Verwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts aufgehoben, soweit sie das Land Berlin
verpflichteten, der Beschwerdeführerin die Rechtsstellung einer Körperschaft des öffentlichen
Rechts im Land Berlin zu verleihen, und die Klage der Beschwerdeführerin abgewiesen.
28 a) Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführerin im Falle ihrer Anerkennung die ihr
zuerkannten Hoheitsrechte nicht im Einklang mit dem einschlägigen Recht ausüben würde,
seien nicht zu sehen.
29 b) Dem Einwand, die Beschwerdeführerin praktiziere ein Zwangssystem, das der Wertordnung
des Grundgesetzes widerspreche, sei entgegenzuhalten, dass die Verfassung den
Religionsgemeinschaften kein Demokratiemodell vorschreibe.
30 Vielmehr sei auch die Herausbildung hierarchischer oder autoritärer Organisationsstrukturen
verfassungsrechtlich geschützt.
31 c) Ob die Beschwerdeführerin die Voraussetzung der „Rechtstreue“ erfülle, ob insbesondere die
weiteren Vorwürfe – sie halte austrittswillige Mitglieder zwangsweise oder sonst mit unlauteren
Mitteln in ihrer Gemeinschaft fest und beeinträchtige durch ihre Erziehungsgrundsätze
und -praktiken das Kindeswohl – berechtigt seien, könne dahinstehen, weil der Anspruch
auf Verleihung der Korporationsrechte an einem anderen, durch den Sinn und Zweck des
Korporationsstatus vorgegebenen, Grund scheitere:
32 d) Von einer Religionsgemeinschaft, die mit ihrem Antrag auf Verleihung der Korporationsrechte
die Nähe zum Staat suche und dessen spezifische rechtliche Gestaltungsformen und
Machtmittel für ihre Zwecke in Anspruch nehmen wolle, könne erwartet werden, dass sie die
Grundlagen der staatlichen Existenz nicht prinzipiell in Frage stelle. Die Gemeinschaft sei
dem Staatswesen gegenüber zwar grundsätzlich positiv eingestellt, lehne aber prinzipiell
die Teilnahme an staatlichen Wahlen ab. Diese Ablehnung sei – ebenso wie die Ablehnung
des Wehr- und des Ersatzdienstes – Ausdruck eines strikt zu befolgenden Glaubensgebots.
Ein Zeuge Jehovas, der auf der Teilnahme an staatlichen Wahlen beharre, könne nicht in der
Glaubensgemeinschaft verbleiben.
33 Mit dem Verbot der Wahlteilnahme und dem entsprechenden Verhalten ihrer Mitglieder setze
sich die Beschwerdeführerin in einen verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Widerspruch zu
dem für die staatliche Ordnung im Bund und in den Ländern konstitutiven Demokratieprinzip,
das zum unantastbaren Kernbestand der Verfassung gehöre. In dem Umfang, in dem die
Beschwerdeführerin auf das Wahlverhalten der Bürger Einfluss nehme oder künftig gewinne,
schwäche sie die Legitimationsbasis, auf die der Staat für die Ausübung der Staatsgewalt –
einschließlich der Übertragung dieser Gewalt an Private – angewiesen sei.
34 Der Einwand, in der Bundesrepublik Deutschland bestehe keine Rechtspflicht zur Beteiligung an
Parlamentswahlen, verfange nicht. Die Verfassung erlege allen Bürgern die Verantwortung auf,
ihr Recht auch tatsächlich auszuüben.
35 Auch verkenne die Beschwerdeführerin die Bedeutung des Art. 4 GG, wenn sie vortrage,
ihre Einstellung zu den Wahlen sei unmittelbarer Ausfluss ihrer grundrechtlich geschützten
Religionsfreiheit und dürfe daher nicht mit Rechtsfolgen zu ihren Lasten verknüpft werden.
Der durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG gewährleistete Freiraum bleibe einer Religionsgemeinschaft
nämlich uneingeschränkt erhalten, gleichgültig ob sie als Körperschaft des öffentlichen Rechts
anerkannt sei oder nicht.
III.
36 Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung der Art. 3 Abs. 1
und Abs. 3, Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG i. V. m. Art. 140 GG, Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV.
37 1. Die Verfassungsbeschwerde sei zulässig. Sie könne zwar nicht unmittelbar auf die Verletzung
des Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 WRV gestützt werden. Die Beschwerdeführerin
könne aber eine Verletzung von Art. 4 GG rügen. Die Verleihung der Rechtsform sei eine
besondere Form der „staatlichen Grundrechtssubventionierung“, die in gleicher Weise
allen Religionsgemeinschaften, die Träger des Grundrechts aus Art. 4 GG seien, zugute
kommen müsse. Es gehöre zum Schutz der religiösen Vereinigungsfreiheit, dass eine
Religionsgemeinschaft, wenn sie die Verleihensvoraussetzungen erfülle, frei unter den
angebotenen Organisationsformen wählen könne. Im Übrigen sei auch Art. 3 Abs. 1 GG in
seiner Ausprägung als striktes Paritätsgebot verletzt.
38 2. Die Verfassungsbeschwerde sei auch begründet.
39 a) Die Beschwerdeführerin erfülle alle ausdrücklich in der Verfassung genannten
Verleihensvoraussetzungen. Ihre eschatologische Ausrichtung stelle die Gewähr der Dauer
angesichts eines mehr als ein Jahrhundert währenden Bestands nicht in Frage. Im Übrigen gehe
die Beschwerdeführerin nach ihrem Selbstverständnis davon aus, dass sie das Ende der Welt
überdauern werde. Eine vorgängige Bewährung als eingetragener
40 Verein dürfe nicht verlangt werden. Im Übrigen habe sich die Beschwerdeführerin – abgesehen
von den Verbotsperioden der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und des DDRUnrechtssystems
– als privater Verein bewährt. Auf diese Frage komme es außerdem nicht mehr
an, nachdem sich die Beschwerdeführerin in das Vereinsregister habe eintragen lassen.
41 b) Die rechtsschöpferische Konstruktion des Bundesverwaltungsgerichts, über die Anforderung
der „Rechtstreue“ hinaus eine weitere ungeschriebene Verleihensvoraussetzung zu entwickeln
und eine besondere „Staatsloyalität“ zu fordern, sei von der Verfassung nicht gedeckt.
Zwar werde vertreten, dass zu den Voraussetzungen eines Korporationsstatus nicht nur
„Rechtstreue“, sondern auch „Hoheitsfähigkeit“, „Anerkennungswürdigkeit“ oder „Dignität“
gehörten. Bei genauerer Betrachtung sehe man jedoch, dass diese Begriffe lediglich eine
andere Umschreibung des Erfordernisses der „Rechtstreue“ seien. Wollte man sie für ein
zusätzliches materielles Kriterium halten, so liefe dies auf eine unzulässige Qualitätsprüfung
hinaus. Dann würden nämlich inhaltlich-qualitative Anforderungen an die innere Ordnung
und an das Bekenntnis der Gemeinschaft eingeführt. Eine solche Qualitätsprüfung sei
bereits unter dem Gesichtspunkt der Statusgleichheit aller Religionsgemeinschaften
unzulässig. Das Prinzip strikter Parität werde unterlaufen, wenn mit Hilfe einer zusätzlichen,
ungeschriebenen, Verleihensvoraussetzung inhaltliche, bekenntnisgebundene, Gesichtspunkte
als Abgrenzungskriterien herangezogen würden.
42 Im Übrigen würde die Beschwerdeführerin auch solche Voraussetzungen erfüllen.
Ihr Staatsverständnis, das sich nicht grundlegend von dem anderer christlicher
Religionsgemeinschaften, insbesondere dem der großen Kirchen, unterscheide, lasse eine
grundsätzliche Akzeptanz der verfassungsrechtlichen Grundordnung erkennen.
43 c) Mit dem neu entwickelten Kriterium der „Staatsloyalität“ verlange das
Bundesverwaltungsgericht nicht nur ein grundsätzlich positives Staatsverständnis und die
vorbehaltlose Hinnahme der Ergebnisse des demokratischen Prozesses, sondern darüber hinaus
die Bejahung aktiver Teilnahme am demokratischen Prozess. Dies schaffe ein Zwei-Klassen-
System von Verfassungsreligionsgemeinschaften und Religionsgemeinschaften minderen
Status, welches die Legitimation des gesamten Staatskirchenrechts in Frage stellen könne.
Der Korporationsstatus aber begründe nicht eine besondere „Nähe zum Staat“, sondern sei
Ausdruck staatlicher Grundrechtsförderung. Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 WRV enthalte
zudem eine strikte Paritätsentscheidung. Diese sei im Zusammenhang mit Art. 140 GG i. V. m.
Art. 137 Abs. 1 WRV zu sehen. Kirchen als Körperschaften des öffentlichen Rechts seien keine
Quasi- Staatskirchen. Die Verleihung des Körperschaftsstatus dürfe deswegen nicht von einer
spezifischen Bindung an den Staat abhängig gemacht werden.
44 Die Ablehnung, an Wahlen teilzunehmen, sei im Übrigen nicht Ausdruck mangelnder
Loyalität. Da es im Geltungsbereich des Grundgesetzes keine Rechtspflicht zur Beteiligung
an Wahlen gebe, bedeute die Verknüpfung des Demokratieprinzips mit dem Gesichtspunkt
der „Staatsloyalität“ eine unzulässige Umdeutung des Demokratieprinzips: von einem
Strukturprinzip der staatlichen Ordnung in eine an die Gesellschaft gerichtete Forderung auf
Partizipation.
45 Soweit die Entscheidung, sich nicht an staatlichen Wahlen zu beteiligen, religiös motiviert sei,
sei nicht nur die Propagierung dieser Glaubensüberzeugung, sondern auch deren Praktizierung
speziell, nämlich durch Art. 4 GG i. V. m. dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht (Art. 137
Abs. 3 WRV), geschützt. Die Praktizierung dieser Glaubensüberzeugung dokumentiere nicht,
dass die Grundlagen staatlicher Existenz prinzipiell in Frage gestellt würden. Wie die Schriften
der Zeugen Jehovas belegten, bedeute ihr Verständnis von religiöser Neutralität – mit der
Konsequenz der Nichtteilnahme an Wahlen – nicht, dass sie die Wahlen als Grundlage des
demokratischen Staates in Zweifel zögen. Die Zeugen Jehovas akzeptierten vielmehr die
Ergebnisse demokratischer Wahlen als Grundlage einer staatlichen Obrigkeit, die auch im
Lichte ihrer Religion legitim sei.
46 Im Übrigen weise das Verständnis der Zeugen Jehovas deutliche Parallelen zur protestantischen
Glaubensüberzeugung auf. Auch die Haltung der katholischen Kirche, die Inkompatibilitäten
hinsichtlich politischer Ämter normiere, sei nur graduell, nicht aber grundsätzlich anders als die
Auffassung der Zeugen Jehovas. Man müsse auch beachten, dass die von den Zeugen Jehovas
praktizierte „gewisse Weltabkehr“ und Zurückhaltung gegenüber jedem Staat die Gemeinschaft
vor jeder Verstrickung, insbesondere in die zwei Gewaltherrschaften der jüngeren deutschen
Vergangenheit, bewahrt und ihnen zugleich vielfältige Verfolgung eingetragen habe.
IV.
47 Das Bundesverfassungsgericht hat den Äußerungsberechtigten Gelegenheit zur Stellungnahme
gegeben.
48 1. Die Bayerische Staatsregierung hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet.
Die Gemeinschaft der Zeugen Jehovas stelle sich in Widerspruch zur Werteordnung des
Grundgesetzes, wenn sie ihre Glaubensmitglieder daran hindere, als mündige Bürger in einem
demokratischen Rechtsstaat ihre Rechte und Pflichten wahrzunehmen; ihre Lehre sei von
Absolutheitsdenken geprägt und wirke im Gemeinschaftsleben massiv auf einzelne Mitglieder
ein.
49 2. Der Senat von Berlin, vertreten durch die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und
Kultur, hat seinen
50 Beitritt zum Verfahren erklärt, einen Beschluss der Landesregierung über den Beitritt allerdings
trotz Hinweises nicht vorgetragen. Der Senator für Wissenschaft, Forschung und Kultur ist dem
Verfahren ebenfalls beigetreten. Sie tragen vor:
51 a) Die Verfassungsbeschwerde sei unzulässig. Die staatskirchenrechtlichen Normen seien
keine Grundrechte, und dies könne auch nicht durch einen Rückgriff auf Art. 3 bzw. Art. 4 GG
kompensiert werden.
52 b) Die Verfassungsbeschwerde sei auch unbegründet.
53 Der Beschwerdeführerin fehle es an der Fähigkeit zur dauerhaften Kooperation mit dem Staat,
weil sie nach ihrem Selbstverständnis nicht auf längere Dauer angelegt sei; sie erwarte nämlich
zu einem bestimmbaren, in näherer Zukunft liegenden, Zeitpunkt den Weltuntergang. Der
Korporationsstatus setze zudem Erfahrungen und Bewährungen auf der vorangegangenen
Rechtsstufe des eingetragenen Vereins voraus. Dies fehle der Beschwerdeführerin.
54 Es sei ein unüberbrückbarer Wertungswiderspruch, wenn einerseits die Beschwerdeführerin
aufgrund staatlicher Privilegierung den Korporationsstatus erlange, andererseits der sie
privilegierende Staat selbst mit Recht vor eben dieser Körperschaft warnen dürfe. Im Hinblick
auf schwerwiegende Verletzungen im Bereich sozialrechtlicher Schutz- und Fürsorgepflichten,
angesichts der grundlegenden Verstöße gegen das Datenschutzrecht sowie die sanktionierte
Fremdbestimmung von höchstpersönlichen Gewissensentscheidungen sei dies der Fall.
55 Der Feststellung des Bundesverwaltungsgerichts, die Zeugen Jehovas achteten den Staat,
müsse man widersprechen. Es sei höchst widersprüchlich, einem Staat gänzlich indifferent
gegenüberzustehen, ihn als „Werkzeug des Satans“ zu begreifen und zugleich von ihm
Privilegien zu beanspruchen. Der Begriff „Loyalität“ sei möglicherweise nicht glücklich gewählt.
In der Sache aber fordere das Bundesverwaltungsgericht keineswegs die Angleichung von
Strukturen und Aufgaben oder die Preisgabe von Glaubensinhalten.
56 Zur Wahrung seiner Legitimationsbasis und Glaubhaftigkeit dürfe der Staat eine
Religionsgemeinschaft, die ihm die demokratische Legitimation verweigere, nicht
durch Verleihung staatlicher Machtbefugnisse fördern. Dieses Argument mache den
Körperschaftsstatus nicht zur Prämie für Staatsnähe.
57 Es gehe vielmehr um den Schutz elementarer Grundsätze. Der Körperschaftsstatus sei zu
versagen, wenn eine Religionsgemeinschaft grundlegende Verfassungsnormen wie etwa das
Demokratieprinzip nachhaltig verletze.
58 3. Das Bundesverwaltungsgericht hat eine Äußerung des 7. Senats vorgelegt, wonach ein
anderes Verfahren mit vergleichbarer Problematik nicht anhängig sei.
59 4. Für die Bundesregierung hat das Bundesministerium des Innern Stellung genommen.
Im Wahlverbot der Beschwerdeführerin zeige sich die Ablehnung des Staates und seiner
demokratischen Willensbildung. Das berühre die Lebensprinzipien des freiheitlichen
Verfassungsstaates.
B.
I.
60 Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Insbesondere ist die Beschwerdeführerin befugt, die
Verfassungsbeschwerde zu erheben.
61 1. Als eine Vereinigung, die sich die Pflege und Förderung eines religiösen Bekenntnisses
und die Verkündung des Glaubens ihrer Mitglieder zum Zweck gesetzt hat, ist die
Beschwerdeführerin Trägerin des Grundrechts der Religionsfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2
GG. Die Grundrechtsträgerschaft ist unabhängig von dem Erwerb der Rechtsfähigkeit als
eingetragener Verein des Privatrechts (vgl. BVerfGE 24, 236 <247>; 99, 100 <118>), der erst
im Laufe dieses Verfahrens erfolgt ist.
62 2. Eine Verletzung der in Art. 4 Abs. 1 und 2 GG gewährleisteten Religionsfreiheit ist
möglich. Aus der Religionsfreiheit folgt auch der Grundsatz staatlicher Neutralität gegenüber
den unterschiedlichen Religionen und Bekenntnissen (BVerfGE 93, 1 <16>). Es ist nicht
ausgeschlossen, dass das Bundesverwaltungsgericht mit seinem Erfordernis einer Loyalität
gegenüber dem Staat nicht allein Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 WRV unrichtig ausgelegt
und angewendet, sondern zugleich zum Nachteil der Beschwerdeführerin die Grenzen
überschritten hat, die dem Staat bei der Bewertung religiöser Lebensäußerungen durch das
Gebot der Neutralität gezogen sind.
II.
63 Der Senator für Wissenschaft, Forschung und Kultur ist dem Verfahren nach § 94 Abs. 5 Satz 1
BVerfGG i. V. m. § 94 Abs. 2 BVerfGG wirksam beigetreten. Der Beitritt des Senats von Berlin ist
dagegen unwirksam. Der Beitritt eines kollegialen Verfassungsorgans zu einem Verfahren vor
dem Bundesverfassungsgericht setzt einen Beschluss des Kollegialorgans voraus (BVerfGE 7,
282
C.
64 Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Das angegriffene Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem verfassungsmäßigen
Recht aus Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV.
I.
65 Bei der Beurteilung einer zulässigen Verfassungsbeschwerde ist das Bundesverfassungsgericht
nicht darauf beschränkt zu prüfen, ob die in Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, §§ 13 Nr. 8a, 90 BVerfGG
aufgeführten Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte verletzt sind. Die angegriffene
Entscheidung kann vielmehr unter jedem in Betracht kommenden Gesichtspunkt auf
ihre verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit hin geprüft werden (stRspr; vgl. BVerfGE 99,
100 <119>). Den verfassungsrechtlichen Maßstab für die Prüfung des Anspruchs einer
Religionsgemeinschaft auf Verleihung des Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts
enthält Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV.
II.
66 1. Als geschriebene Voraussetzung für die Verleihung des Status einer Körperschaft des
öffentlichen Rechts verlangt Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV die „Gewähr der
Dauer“. Eine Religionsgemeinschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts werden will, muss
durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die prognostische Einschätzung stützen,
dass sie auch in Zukunft dauerhaft bestehen wird. Grundlage für diese Einschätzung sind der
gegenwärtige Mitgliederbestand der Religionsgemeinschaft und ihre Verfassung im Übrigen.
67 Dabei bezeichnet der Begriff der Verfassung mehr als eine den Erfordernissen des
Rechtsverkehrs genügende rechtliche Satzung. „Verfassung“ im Kontext des Art. 140 GG i.
V. m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV meint auch den tatsächlichen Zustand einer Gemeinschaft,
ihre Verfasstheit (allg. Meinung, vgl. etwa A. Frhr. v. Campenhausen, in: v. Mangoldt/
Klein/v. Campenhausen, GG, Bd. 14, 3. Aufl. 1991, Art. 140 GG/Art. 137 WRV Rn. 150;
D. Ehlers, in: Sachs, GG, 2. Aufl. 1999, Art. 140 GG/Art. 137 WRV Rn. 20; H. Weber, Die
Verleihung der Körperschaftsrechte an Religionsgemeinschaften, ZevKR 34 <1989>, S.
337, 350). Denn der tatsächliche Gesamtzustand einer Religionsgemeinschaft kann eine
aussagekräftige Grundlage für die Einschätzung des künftigen Fortbestehens bieten, um das
es nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV vor allem geht. Nach dem Willen der
Weimarer Nationalversammlung sollte diese Einschätzung nicht auf ein zufälliges, äußeres
Kriterium, sondern auf das „tiefere Moment des Inhalts ihrer Verfassung“ gestützt sein (vgl.
Verhandlungen der verfassunggebenden Deutschen Nationalversammlung, Band 329, S. 2159).
68 Für die Einschätzung dauerhaften Bestands ist also neben dem Kriterium der Mitgliederzahl
der tatsächliche Gesamtzustand der Gemeinschaft zu würdigen. Dafür wurden weitere Indizien
benannt: eine ausreichende Finanzausstattung, eine Mindestbestandszeit und die Intensität
des religiösen Lebens (vgl. BVerfGE 66, 1 <24>; OVG Berlin, OVGE 10, 105 <108 ff.>, und
NVwZ 1996, S. 478, 480; VG München, ZevKR 29 <1984>, S. 628, 630 ff.). Derartige Indizien
sind hilfreich, wenn sie nicht schematisch angewendet werden und die von Art. 140 GG i. V.
m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV geforderte Gesamteinschätzung nicht stören. Zudem dürfen
nicht Umstände in die Beurteilung einfließen, deren Bewertung dem religiös-weltanschaulich
neutralen Staat verwehrt ist.
69 2. Auf dieser Grundlage weckt das Vorbringen des Landes Berlin keine Zweifel an der
fachgerichtlichen Einschätzung, die Beschwerdeführerin biete die Gewähr der Dauer.
70 a) Eine förmliche Voraussetzung des Inhalts, dass sich eine Religionsgemeinschaft, die
den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts erstrebt, zunächst als eingetragener
Verein zu bewähren habe, folgt aus Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV nicht.
Der Körperschaftsstatus kann durchaus eine angemessene Rechtsform auch für solche
Religionsgemeinschaften sein, die den Status eines eingetragenen Vereins nicht erlangen
können oder wollen, etwa weil ihre innere Struktur und Organisation, wie sie von ihrem
religiösen Selbstverständnis gefordert sind, mit Vorgaben des Vereinsrechts in Konflikt liegen
(vgl. BVerfGE 83, 341 <356 f.>).
71 Dass eine Religionsgemeinschaft, die eine Körperschaft des öffentlichen Rechts werden
will, noch nicht als eingetragener Verein organisiert ist, kann bei der gebotenen
Gesamteinschätzung künftigen Fortbestands nicht mehr als ein Indiz neben anderen sein. Im
Fall der Beschwerdeführerin ist dieser Umstand nicht geeignet, die positive fachgerichtliche
Einschätzung in Frage zu stellen.
72 b) Auch der eschatologische Glaube der Beschwerdeführerin steht einer positiven Einschätzung
der Gewähr der Dauer nicht entgegen. Ohnehin wäre es dem religiös-weltanschaulich neutralen
Staat verwehrt, die Beschwerdeführerin gleichsam beim Wort zu nehmen und ihren dauerhaften
Bestand wegen des nach ihrem Glauben bevorstehenden Weltendes zu verneinen. Staatlicher
Beurteilung zugänglich wäre allein die Frage, ob es einer Religionsgemeinschaft tatsächlich
gelingen könnte, ihren zukünftigen Fortbestand auch in dem Fall zu sichern, dass ein konkret
prophezeiter Weltuntergang ausbleibt. Dadurch könnten enttäuschte Mitglieder zum Austritt
veranlasst und so der Fortbestand der Religionsgemeinschaft möglicherweise gefährdet
werden. Der Beschwerdeführerin jedenfalls kann unter diesem Gesichtspunkt die Gewähr
der Dauer nicht abgesprochen werden. Ihr Mitgliederbestand ist unbeeinträchtigt, obwohl
mehrmals ein von ihr konkret berechneter Weltuntergang nicht stattgefunden hat.
III.
73 Für die Verleihung des Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts an eine
Religionsgemeinschaft müssen – im Rahmen der Grundwerte der Verfassung – weitere, in Art.
140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV nicht ausdrücklich genannte, Voraussetzungen
erfüllt sein.
74 1. Art. 140 GG erklärt die Weimarer Kirchenartikel zu Bestandteilen des Grundgesetzes. Ihre
Auslegung hat sich nunmehr von den Wertungen des Grundgesetzes leiten zu lassen (BVerfGE
19, 226 <236>; 53, 366 <400>). Insbesondere sind die Weimarer Kirchenartikel Bestandteil
des Religions- und Staatskirchenrechts des Grundgesetzes, welches das Grundrecht der
Religionsfreiheit ohne Gesetzesvorbehalt in den Katalog unmittelbar verbindlicher Grundrechte
übernommen und es so gegenüber der Weimarer Reichsverfassung erheblich verstärkt hat (vgl.
BVerfGE 33, 23 <30 f.>). Die Gewährleistungen der Weimarer Kirchenartikel sind funktional auf
die Inanspruchnahme und Verwirklichung des Grundrechts der Religionsfreiheit angelegt (Art. 4
Abs. 1 und 2 GG; vgl. BVerfGE 42, 312 <322>).
75 2. Im Kontext des Grundgesetzes ist der den Religionsgemeinschaften in Art. 137 Abs. 5 Satz
2 WRV angebotene Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ein Mittel zur Entfaltung
der Religionsfreiheit (vgl. K. Meyer-Teschendorf, Der Körperschaftsstatus der Kirchen, AöR 103
<1978>, S. 329 ff.; M. Morlok/M. Heinig, Parität im Leistungsstaat – Körperschaftsstatus nur
bei Staatsloyalität?, NVwZ 1999, S. 697, 700 f.). Der Status einer Körperschaft des öffentlichen
Rechts soll die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der Religionsgemeinschaften unterstützen.
Die Religionsgemeinschaften mit öffentlich- rechtlichem Status sind in gleichem Umfang
grundrechtsfähig wie Religionsgemeinschaften privat-rechtlicher Rechtsform.
76 Sie stehen dem Staat als Teile der Gesellschaft gegenüber (vgl. BVerfGE 53, 366 <387>;
70, 138 <160 f.>). Dass sie ihre Tätigkeit frei von staatlicher Bevormundung und
Einflussnahme entfalten können, schafft die Voraussetzung und den Rahmen, in dem die
Religionsgemeinschaften das Ihre zu den Grundlagen von Staat und Gesellschaft beitragen
können (vgl. E.-W. Böckenförde, Die Entstehung des Staates als Vorgang der Säkularisation,
in: Säkularisation und Utopie. Ernst Forsthoff zum 65. Geburtstag, Stuttgart et al. 1967, S. 75,
93; ders., Demokratie als Verfassungsprinzip, in: J. Isensee/P. Kirchhof
Staatsrechts, Bd. I, 2. Aufl. 1995, § 22 Rn. 61 f.).
77 Damit unterscheiden sich die korporierten Religionsgemeinschaften im religiös-weltanschaulich
neutralen Staat des Grundgesetzes, der keine Staatskirche oder Staatsreligion kennt (Art.
140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 1 WRV), grundlegend von den Körperschaften des öffentlichen
Rechts im verwaltungs- und staatsorganisationsrechtlichen Verständnis. Sie nehmen keine
Staatsaufgaben wahr, sind nicht in die Staatsorganisation eingebunden und unterliegen keiner
staatlichen Aufsicht (vgl. BVerfGE 18, 385 <386>; 19, 1 <5>; 30, 415 <428>; 42, 312 <332>;
66, 1 <19 f.>).
78 3. Verglichen mit dem Begriff der öffentlich-rechtlichen Körperschaft im allgemeinen
Verständnis hat dieser Begriff im Regelungszusammenhang des Art. 140 GG i. V. m. Art.
137 Abs. 5 Satz 2 WRV nur die Funktion eines „Mantelbegriffs“ (BVerfGE 83, 341 <357>).
Er ist aber mehr als eine leere Form, weil er den korporierten Religionsgemeinschaften
auch eine besondere Rechtsstellung vermittelt, die über diejenige privatrechtlich verfasster
Religionsgemeinschaften hinausgeht: Mit dem Körperschaftsstatus werden ihnen bestimmte
hoheitliche Befugnisse übertragen, sowohl gegenüber ihren Mitgliedern – etwa beim
Besteuerungsrecht und der Dienstherrenfähigkeit – als auch – bei der Widmungsbefugnis –
gegenüber Anderen.
79 Zudem verschafft ihnen das öffentlich-rechtliche Kleid in der Wahrnehmung der Gesellschaft
eine besondere Stellung (vgl. A. Frhr. v. Campenhausen, Staatskirchenrecht, 3. Aufl. 1996,
S. 139 ff.; A. Hollerbach, Grundlagen des Staatskirchenrechts, in: J. Isensee/P. Kirchhof
und Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts, in: J. Listl/D. Pirson
Vergünstigungen erleichtern es der Religionsgemeinschaft, ihre Organisation und ihr Wirken
nach den Grundsätzen ihres religiösen Selbstverständnisses zu gestalten und die hierfür
erforderlichen Ressourcen, etwa in Form finanzieller Mittel, zu erlangen.
80 Die Vergünstigungen bewirken mit erhöhten Einflussmöglichkeiten aber auch die erhöhte
Gefahr eines Missbrauchs zum Nachteil der Religionsfreiheit der Mitglieder oder zum Nachteil
anderer Verfassungsgüter. Bei der Bestimmung der Voraussetzungen, unter denen eine
Religionsgemeinschaft den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts erlangen kann,
muss deswegen auch die Verantwortung des Staates zur Geltung gebracht werden, welche das
Grundgesetz ihm auferlegt. Es gibt ihm die Achtung und den Schutz der Menschenwürde als
des tragenden Konstitutionsprinzips und obersten Grundwerts der freiheitlichen, demokratisch
verfassten Grundordnung auf (Art. 1 Abs. 1 GG, vgl. dazu BVerfGE 96, 375 <398>) und
verpflichtet ihn zur Wahrung und zum Schutz der Grundwerte der Verfassung (vgl. BVerfGE 40,
287 <291 f.>).
81 4. Der Wortlaut des Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV schließt nicht aus, dass
der in dieser Gewährleistung eingeräumte Verleihensanspruch weiteren Einschränkungen aus
dem Zusammenhang des Grundgesetzes unterliegt. Der Parlamentarische Rat hatte bei der
Übernahme der Weimarer Kirchenartikel weder die Frage der Verleihensvoraussetzungen im
Blick noch verwandte er seine Aufmerksamkeit darauf, Art. 137 WRV materiell in die Ordnung
des Grundgesetzes einzupassen. Er begnügte sich damit, durch redaktionelle Änderungen
des späteren Art. 4 GG doppelte Gewährleistungen zu vermeiden (ParlR, HA-Prot., 22. Sitzung
vom 8. Dezember 1948, S. 255 – 261; 39. Sitzung vom 14. Januar 1949, S. 483, 489 – 491; 46.
Sitzung vom 20. Januar 1949, S. 599 – 601; 51. Sitzung vom 10. Februar 1949, S. 673, 682; 57.
Sitzung vom 5. Mai 1949, S. 743, 745 f. und 765; Redaktionsausschuss, Kurzprot. vom 28. April
1949, S. 1; vgl. auch BVerfGE 83, 341 <354 f.> zur religiösen Vereinigungsfreiheit).
82 Dass es mit den geschriebenen Verleihensvoraussetzungen nicht sein Bewenden haben
kann, wird im Ergebnis auch in Rechtsprechung und Literatur nicht bezweifelt. Nach nahezu
einhelliger Auffassung ist der Körperschaftsstatus jedenfalls dann zu versagen, wenn die
Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen eine private Vereinigung nach Art. 9 Abs. 2 GG zu
verbieten wäre (vgl. etwa BVerwGE 105, 117 <121 f.>; OVG Berlin, NVwZ 1996, S. 478, 480; VG
Berlin, NVwZ 1994, S. 609; St. Korioth, Loyalität im Staatskirchenrecht?, in: Gedächtnisschrift
für Bernd Jeand’Heur, 1999, S. 221, 236; M. Morlok/M. Heinig, Parität im Leistungsstaat –
Körperschaftsstatus nur bei Staatsloyalität?, NVwZ 1999, S. 697, 703 f.; G. Robbers, Sinn und
Zweck des Körperschaftsstatus im Staatskirchenrecht, in: Festschrift für Martin Heckel, 1999, S.
411, 414; H. Weber, Die Verleihung der Körperschaftsrechte an Religionsgemeinschaften, ZevKR
34 <1989>, S. 337, 356). Es wäre auch nicht einsichtig, dass Vereinigungen, die Körperschaften
des öffentlichen Rechts sind, insoweit weniger festen Bindungen unterliegen sollten als private
Vereinigungen.
83 5. Die Grenzen, innerhalb deren eine Religionsgemeinschaft als Körperschaft des öffentlichen
Rechts frei handeln darf, zieht die Verfassung gerade auch durch ihre grundlegenden
Wertentscheidungen. Zu diesen Wertentscheidungen gehören die Religionsfreiheit, aus der Art.
140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 WRV als Verstärkung der Entfaltung grundrechtlicher Freiheit
letztlich seine Rechtfertigung bezieht, das Verbot jeglicher Staatskirche oder Staatsreligion
(Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 1 WRV) sowie die Grundsätze der religiös-weltanschaulichen
Neutralität des Staates und der Parität der Religionen und Bekenntnisse.
IV.
84 Eine Religionsgemeinschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts werden will, muss
rechtstreu sein. Sie muss die Gewähr dafür bieten, dass sie das geltende Recht beachten,
insbesondere die ihr übertragene Hoheitsgewalt nur in Einklang mit den verfassungsrechtlichen
und den sonstigen gesetzlichen Bindungen ausüben wird.
85 1. Das ist auch in der Literatur allgemein anerkannt (vgl. A. Frhr. v. Campenhausen, in: v.
Mangoldt/Klein/v. Campenhausen, GG, 3. Aufl. 1991, Art. 140 GG/Art. 137 WRV Rn. 150;
Ch. Link, Zeugen Jehovas und Körperschaftsstatus, ZevKR 43 <1998>, S. 1, 20, m. w. N.).
Schon aus der Bindung aller öffentlichen Gewalt an Gesetz, Recht und Verfassung (Art. 20
Abs. 3 GG) folgt, dass eine Religionsgemeinschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts
die Gewähr dafür bieten muss, die ihr übertragene Hoheitsgewalt in Einklang mit den
verfassungsrechtlichen und den sonstigen gesetzlichen Vorgaben auszuüben.
86 Diese rechtsstaatliche Bindung scheitert nicht daran, dass korporierte Religionsgemeinschaften
die ihnen übertragene Hoheitsgewalt nicht – wie Beliehene – zur Erfüllung staatlicher Aufgaben
einsetzen, sondern zu eigenen Zwecken. Denn unter dem Grundgesetz ist jegliche Ausübung
von Hoheitsgewalt an die Verfassung und an die gesetzliche Ordnung gebunden.
87 2. Freilich darf auch außerhalb des Bereichs hoheitlichen Handelns von den korporierten
Religionsgemeinschaften Rechtstreue verlangt werden. Jede Vereinigung hat, wie jeder Bürger,
die staatsbürgerliche Pflicht zur Beachtung der Gesetze.
88 Zwar trifft sie bei Verletzung dieser Pflicht nur die im Gesetz jeweils vorgesehene Sanktion,
und ein Verbot der Vereinigung ist erst unter den in Art. 9 Abs. 2 GG bestimmten besonderen
Voraussetzungen angeordnet. Von einer Vereinigung aber, die in öffentlich-rechtlicher Gestalt
auftritt, darf erwartet werden, dass sie nicht erst durch die Drohung mit staatlichen Sanktionen
und Zwangsmechanismen zu rechtskonformem Handeln angehalten werden muss. Ansonsten
stünde nicht nur zu befürchten, dass diese Vereinigung auch ihre hoheitlichen Befugnisse nicht
rechtskonform ausüben werde. Der Staat muss vielmehr darauf bedacht sein und dafür Sorge
tragen, dass durch das Handeln öffentlich-rechtlicher Gebilde Rechte Dritter nicht verletzt
werden, selbst wenn diese Zuordnung zum öffentlichen Recht eine eher formelle ist.
89 3. Allerdings stellt nicht jeder einzelne Verstoß gegen Recht und Gesetz die Gewähr
rechtstreuen Verhaltens in Frage. Auch den korporierten Religionsgemeinschaften ist es
unbenommen, Meinungsverschiedenheiten mit staatlichen Behörden darüber, wo im Einzelfall
die der Religionsfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG) und dem religiösen Selbstbestimmungsrecht
(Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV) durch das Gesetz gezogene Grenze verläuft, durch
die Gerichte klären zu lassen (vgl. G. Robbers, Sinn und Zweck des Körperschaftsstatus im
Staatskirchenrecht, in: Festschrift für Martin Heckel, 1999, S. 411, 413).
90 Außerdem erheben viele Religionen, die die Autorität staatlicher Gesetze für sich grundsätzlich
anerkennen, gleichwohl einen Vorbehalt zu Gunsten ihres Gewissens und ihrer aus dem
Glauben begründeten Entscheidungen und bestehen letztlich darauf, im unausweichlichen
Konfliktfall den Glaubensgeboten mehr zu gehorchen als den Geboten des Rechts. Derartige
Vorbehalte sind Ausdruck der für Religionen nicht untypischen Unbedingtheit ihrer
Glaubenssätze. Sie sind auch von manchen alt- und neukorporierten Religionsgemeinschaften
bekannt, und es ist nicht ausgeschlossen, dass sie, je nach Lage des Einzelfalls, unter dem
Schutz des Art. 4 GG stehen. Aus Rücksicht auf die Religionsfreiheit, der der Status einer
Körperschaft des öffentlichen Rechts aus Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 WRV letztlich
dient, stehen sie der Verleihung dieses Status jedenfalls so lange nicht im Wege, als die
Religionsgemeinschaft im Grundsatz bereit ist, Recht und Gesetz zu achten und sich in die
verfassungsmäßige Ordnung einzufügen.
V.
91 Eine Religionsgemeinschaft, die den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts erwerben
will, muss insbesondere die Gewähr dafür bieten, dass ihr künftiges Verhalten die in Art. 79
Abs. 3 GG umschriebenen fundamentalen Verfassungsprinzipien, die dem staatlichen Schutz
anvertrauten Grundrechte Dritter sowie die Grundprinzipien des freiheitlichen Religions- und
Staatskirchenrechts des Grundgesetzes nicht gefährdet.
92 1. a) Art. 79 Abs. 3 GG entzieht die in Art. 1 Abs. 1 und Art. 20 GG niedergelegten Grundsätze
jeglicher Änderung. Das Grundgesetz erklärt damit neben dem in Art. 1 Abs. 1 GG verankerten
Grundsatz der Menschenwürde und den von ihm umfassten Kerngehalt der nachfolgenden
Grundrechte (vgl. BVerfGE 84, 90 <120 f.>; 94, 12 <34>) auch andere Garantien für
unantastbar, die in Art. 20 GG festgehalten sind.
93 Dazu gehören die Prinzipien von Rechtsstaat und Demokratie (vgl. BVerfGE 89, 155 <182>; 94,
49 <103>). Eine systematische Beeinträchtigung oder Gefährdung dieser vom Grundgesetz auf
Dauer gestellten Grundsätze darf der Staat nicht hinnehmen, auch nicht von Seiten einer als
Körperschaft des öffentlichen Rechts verfassten Religionsgemeinschaft.
94 b) Die korporierten Religionsgemeinschaften sind – soweit sie außerhalb des ihnen
übertragenen Bereichs hoheitlicher Befugnisse handeln – an die einzelnen Grundrechte nicht
unmittelbar gebunden (P. Kirchhof, Die Kirchen und Religionsgemeinschaften als Körperschaften
des öffentlichen Rechts, in: J. Listl/D. Pirson
Bd. I, 2. Aufl. 1994, § 22, S. 651, 676 ff.). Die Verleihung des Status einer Körperschaft des
öffentlichen Rechts bindet sie aber an die Achtung der fundamentalen Rechte der Person, die
Teil der verfassungsmäßigen Ordnung ist. Das Grundgesetz unterstellt die Menschenwürde und
andere Grundrechte dem Schutz der Verfassung. So verpflichtet es den Staat, menschliches
Leben und die körperliche Unversehrtheit zu schützen (BVerfGE 56, 54 <73>; 79, 174 <201
f.>; 88, 203 <251>). Kinder können staatlichen Schutz ihres Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1
und Abs. 2 Satz 1 GG beanspruchen; dabei bildet das Kindeswohl den Richtpunkt für den
staatlichen Schutzauftrag aus Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG (BVerfGE 99, 145 <156>). Und Art. 4
Abs. 1 und 2 GG fordert vom Staat, den Einzelnen und religiöse Gemeinschaften vor Angriffen
und Behinderungen von Anhängern anderer Glaubensrichtungen oder konkurrierender
Religionsgruppen zu schützen (BVerfGE 93, 1 <16>).
95 Korporierte Religionsgemeinschaften haben einen öffentlich-rechtlichen Status und sind
mit bestimmten hoheitlichen Befugnissen ausgestattet. Sie verfügen damit über besondere
Machtmittel und einen erhöhten Einfluss in Staat und Gesellschaft. Ihnen liegen deshalb
die besonderen Pflichten des Grundgesetzes zum Schutz der Rechte Dritter näher als
anderen Religionsgemeinschaften. Diese Pflichten verbieten die Verleihung des Status einer
Körperschaft des öffentlichen Rechts an eine Religionsgemeinschaft, gegen die einzuschreiten
der Staat zum Schutz grundrechtlicher Rechtsgüter berechtigt oder gar verpflichtet wäre.
96 c) Der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ist ein Mittel zur Erleichterung und
Entfaltung der Religionsfreiheit. Für die korporierten Religionsgemeinschaften begründet
er eine bevorzugte Rechtsstellung. Er ist in das freiheitliche Staatskirchenrecht des
Grundgesetzes eingebettet. Dieses Staatskirchenrecht hat die Religionsfreiheit zum leitenden
Bezugspunkt. Es hat Staatskirche und Staatsreligion abgeschafft. Es achtet die Grundsätze
der religiös-weltanschaulichen Neutralität des Staates und der Parität der Religionen
und Bekenntnisse, und es gewährleistet, dass der Körperschaftsstatus die Freiheitlichkeit
des Religionsverfassungsrechts insgesamt nicht schmälert. Diese Verfassung setzt dem
Körperschaftsstatus Grenzen, und diese Grenzen müssen auch die mit dem bevorzugten Status
ausgestatteten Religionsgemeinschaften achten. Ihr Verhalten darf diese Grundsätze des
freiheitlichen Staatskirchenrechts nicht beeinträchtigen oder gefährden. Das Grundgesetz
verbietet die Verleihung des Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts an eine
Religionsgemeinschaft, die nicht die Gewähr dafür bietet, dass das Verbot einer Staatskirche
sowie die Prinzipien von Neutralität und Parität unangetastet bleiben.
97 2. Rechtliche Anforderungen an eine Religionsgemeinschaft, die Körperschaft des öffentlichen
Rechts werden will, müssen in ihren Inhalten so gefasst werden, dass sie nicht ihrerseits
in Widerspruch zu den prinzipiellen Wertungen des verfassungsrechtlichen Religions- und
Staatskirchenrechts geraten.
98 a) Ob einer antragstellenden Religionsgemeinschaft der Körperschaftsstatus zu versagen ist,
richtet sich nicht nach ihrem Glauben, sondern nach ihrem Verhalten. Der Grundsatz religiösweltanschaulicher
Neutralität (vgl. BVerfGE 19, 206 <216>; 93, 1 <17>) verwehrt es dem
Staat, Glaube und Lehre einer Religionsgemeinschaft als solche zu bewerten. Mangels Einsicht
und geeigneter Kriterien darf der neutrale Staat im Bereich genuin religiöser Fragen nichts
regeln und bestimmen (BVerfGE 12, 1 <4>; 41, 65 <84>; 72, 278 <294>; 74, 244 <255>).
Das hindert ihn freilich nicht daran, das tatsächliche Verhalten einer Religionsgemeinschaft
oder ihrer Mitglieder nach weltlichen Kriterien zu beurteilen, auch wenn dieses Verhalten
letztlich religiös motiviert ist.
99 Ob dabei Glaube und Lehre der Gemeinschaft, soweit sie sich nach außen manifestieren,
Rückschlüsse auf ihr zu erwartendes Verhalten zulassen, ist eine Frage des Einzelfalls.
100 b) Die in Art. 20 GG niedergelegten Grundprinzipien und die Grundsätze des Religionsund
Staatskirchenrechts sind schon ihrer Herkunft und ihrem Inhalt nach Strukturvorgaben
staatlicher Ordnung. Nur als solche verdienen sie Schutz. Sie enthalten keine Vorgaben für die
Binnenstruktur einer Religionsgemeinschaft.
101 Überdies widerspräche es der Religionsfreiheit und dem in Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs.
3 WRV gewährleisteten Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften, von einer
korporierten Religionsgemeinschaft etwa eine demokratische Binnenstruktur zu verlangen
oder ihre Äußerungen über andere Religionen und Religionsgemeinschaften dem Gebot der
Neutralität zu unterstellen. Auch den als Körperschaften des öffentlichen Rechts verfassten
Religionsgemeinschaften bleibt es unbenommen, ihr Verhältnis zu anderen Religionen und
Religionsgemeinschaften nach ihrem eigenen religiösen Selbstverständnis zu gestalten,
solange sie den verfassungsrechtlichen Ordnungsrahmen, der auch die Grundlage ihrer eigenen
religiösen Freiheit bildet, nicht beeinträchtigen. Dies wäre etwa der Fall, wenn sie auf die
Verwirklichung einer theokratischen Herrschaftsordnung hinwirkten.
102 c) Von den korporierten Religionsgemeinschaften eine über die genannten Anforderungen
hinausgehende Loyalität zum Staat zu verlangen, ist zum Schutz der verfassungsrechtlichen
Grundwerte nicht notwendig und mit ihnen im Übrigen auch nicht vereinbar.
103 Das Wirken und der Status einer korporierten Religionsgemeinschaft bleiben, soweit nicht
verfassungsrechtliche Einschränkungen geboten sind, von der grundrechtlichen Freiheit des
Art. 4 Abs. 1 und 2 GG geprägt. Dem Träger dieser Freiheit ist es überlassen, ob und wie er
seinen Freiheitsraum ausfüllt. Grundrechtliche Freiheit ist, vom Staat aus betrachtet, formale
Freiheit. Der Grundrechtsträger muss sein Handeln nicht an den Interessen des Staates
orientieren. Dies aber würde man von einer Religionsgemeinschaft verlangen, die ihr Wirken
auf die Ziele des Staates, seine Verfassungsordnung und die dort niedergelegten Werte „loyal“
auszurichten hätte (vgl. St. Korioth, Loyalität im Staatskirchenrecht?, in: Gedächtnisschrift für
Bernd Jeand’Heur, 1999, S. 221, 243).
104 Überdies ist die Forderung, eine korporierte Religionsgemeinschaft müsse loyal zum Staat
stehen, rechtlich nicht leicht zu handhaben. „Loyalität“ ist ein vager Begriff, der außerordentlich
viele Deutungsmöglichkeiten eröffnet bis hin zu der Erwartung, die Religionsgemeinschaft
müsse sich bestimmte Staatsziele zu Eigen machen oder sich als Sachwalter des Staates
verstehen. Der Begriff zielt nämlich auch auf eine innere Disposition, auf eine Gesinnung, und
nicht nur auf ein äußeres Verhalten. Damit gefährdet er nicht nur die Rechtssicherheit, sondern
führt auch in eine Annäherung von Religionsgemeinschaft und Staat, die das Staatskirchenrecht
des Grundgesetzes weder verlangt noch billigt.
105 Aus den gleichen Gründen kann es unter dem Grundgesetz nicht Ziel einer Verleihung des
Körperschaftsstatus sein, eine Religionsgemeinschaft durch Privilegien zur Kooperation mit
dem Staat anzuhalten. Das Grundgesetz sieht eine Zusammenarbeit des Staates mit den
Religionsgemeinschaften zum Teil ausdrücklich vor – etwa bei der Erhebung von Kirchensteuern
(Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 6 WRV) oder beim Religionsunterricht (Art. 7 Abs. 3 GG)
– und lässt sie in weiteren Bereichen zu. Es macht sie den Religionsgemeinschaften aber
nicht zur Bedingung. Ob sie derartige Angebote annehmen oder Distanz zum Staat wahren
möchten, bleibt ihrem religiösen Selbstverständnis überlassen. Andererseits hängt es von
den Charakteristika der jeweiligen Kooperationsangebote und den konkreten Vorgaben der
auf Neutralität und Parität bedachten Verfassung ab, welchen Religionsgemeinschaften sie
offen stehen. Dass das Grundgesetz Religionsunterricht und Anstaltsseelsorge im Grundsatz
allen Religionsgemeinschaften zugänglich macht, zeigt aber, dass es Vergünstigungen
und Mitwirkungschancen nicht schematisch danach zuweist, in welcher Rechtsform eine
Religionsgemeinschaft organisiert ist. Einen Automatismus zwischen dem Status einer
Körperschaft des öffentlichen Rechts und staatlichen Vergünstigungen, die nicht bereits mit
diesem Status selbst gewährleistet sind („Privilegien“), gibt es nicht.
106 3. Die Prüfung, ob eine Religionsgemeinschaft nach ihrem gegenwärtigen und zu erwartenden
Verhalten die Gewähr dafür bietet, die in Art. 79 Abs. 3 GG umschriebenen fundamentalen
Verfassungsprinzipien, die staatlichem Schutz anvertrauten Grundrechte Dritter sowie
die Grundprinzipien des Religions- und Staatskirchenrechts des Grundgesetzes nicht zu
beeinträchtigen oder zu gefährden, setzt eine komplexe Prognose voraus. Dabei muss eine
Vielzahl von Elementen zusammengestellt und gewürdigt werden. Mathematische Genauigkeit
ist nicht zu erreichen. Für eine solche Prognose nicht untypisch wäre die Annahme, dass sich
eine Gefährdung der genannten Schutzgüter erst aus dem Zusammenwirken vieler einzelner
Umstände ergibt. Andererseits stellen bloß punktuelle Defizite die geforderte Gewähr nicht in
Frage. Hier ist den Fachgerichten eine typisierende Gesamtbetrachtung und Gesamtwürdigung
aller derjenigen Umstände aufgegeben, die für die Entscheidung über den Körperschaftsstatus
von Bedeutung sind.
VI.
107 Nach diesen Maßstäben verletzt das angegriffene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts das
Recht der Beschwerdeführerin aus Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV.
108 1. Zutreffend nimmt das Bundesverwaltungsgericht allerdings an, dass der Beschwerdeführerin
der Körperschaftsstatus nicht schon wegen ihrer grundsätzlichen Haltung zum Staat versagt
werden darf. Dass die Beschwerdeführerin in ihren religiösen Lehren jedes politische System
und damit auch die Verfassungsordnung des Grundgesetzes als „Bestandteil der Welt Satans“
ansieht (vgl. Wachtturm Bibel- und Traktatgesellschaft
Paradies auf Erden leben, 1982/1989, S. 210), ist nicht ausschlaggebend. Es ist dem religiösweltanschaulich
neutralen Staat verwehrt, Glauben und Lehre als solche zu bewerten.
Maßgeblich ist vielmehr das tatsächliche Verhalten der Religionsgemeinschaft. In diesem
tatsächlichen Verhalten erkennt die Beschwerdeführerin den Staat des Grundgesetzes wie
andere „obrigkeitliche Gewalten“ als von Gott geduldete Übergangsordnung an. Eine darüber
hinausgehende Zustimmung oder Hinwendung zum Staat verlangt das Grundgesetz nicht.
109 2. Allein das religiöse Verbot der Teilnahme an staatlichen Wahlen rechtfertigt die Versagung
des Körperschaftsstatus nicht.
110 Zu dem gemäß Art. 79 Abs. 3 GG nicht antastbaren Gehalt des Demokratieprinzips gehört, dass
sich die Wahrnehmung staatlicher Aufgaben und die Ausübung staatlicher Befugnisse auf das
Staatsvolk zurückführen lassen müssen (BVerfGE 89, 155 <182>). Das hat die freie Wahl der
Volksvertreter als Grundakt demokratischer Legitimation zur Voraussetzung (vgl. BVerfGE 44,
125 <140>).
111 Das Grundgesetz richtet an seine Bürger die Erwartung, dass sie die ihnen eröffneten
Möglichkeiten demokratischer Mitwirkung auch wahrnehmen. Es hat aber aus guten Gründen
davon abgesehen, diese vorrechtliche Verantwortung zu einer Rechtspflicht auszugestalten.
Denn das Einverständnis der Bürger mit der vom Grundgesetz geschaffenen Staatsordnung,
ohne die die freiheitliche Demokratie nicht leben könnte, lässt sich nicht durch eine
Verpflichtung zum Gehorsam oder gar durch Sanktionen erzwingen. Das Lebenselement
der Demokratie ist die freie geistige Auseinandersetzung (vgl. BVerfGE 69, 315 <344 f.>).
Sie schafft die motivierenden Kräfte, die die Bereitschaft der Bürger zur Teilnahme an den
demokratischen Wahlen hinreichend, wahrscheinlich sogar besser gewährleisten.
112 Die Enthaltsamkeit der Beschwerdeführerin gegenüber staatlichen Wahlen betrifft deswegen
das Demokratieprinzip nicht in seinen normativen Gehalten, sondern in seinen tatsächlichen
Voraussetzungen. Sie ist weder politisch begründet noch intentional auf eine Schwächung der
Demokratie gerichtet. Die Beschwerdeführerin will nicht die Demokratie durch eine andere
Staatsform ersetzen. Sie entwirft und verfolgt kein politisches Programm, sie verfolgt im
Gegenteil einen apolitischen Lebensentwurf. Die Bestrebungen der Beschwerdeführerin richten
sich nicht gegen die freiheitliche Verfassungsordnung, sondern auf ein Leben jenseits des
politischen Gemeinwesens in „christlicher Neutralität“.
113 Diese Deutung von Programm und Zielen der Beschwerdeführerin bestätigen auch die
tatsächlichen Entwicklungen.
114 Man müsste erwarten, dass sich die Haltung der Beschwerdeführerin in ihren praktischen
Folgen negativ auf die vom Demokratieprinzip geforderte demokratische Legitimation
der Staatsgewalt durch Wahlen auswirkt, wenn es ihr gelänge, erhebliche Teile der
wahlberechtigten Bevölkerung von einer Teilnahme an staatlichen Wahlen abzuhalten. Das ist in
den über hundert Jahren ihres Bestehens aber nicht der Fall gewesen. In ihrer auf Abgrenzung
bedachten Haltung, die sich auf religiös begründete Verlautbarungen beschränkt und sich
politischer Optionen enthält, übt die Beschwerdeführerin offenbar keinen spürbaren Einfluss auf
Nichtmitglieder aus. Deshalb ist ihr Verhalten gegenüber staatlichen Wahlen ein Gesichtspunkt,
der zwar bei der gebotenen typisierenden Gesamtbetrachtung Berücksichtigung finden
kann, der aber für sich allein die Annahme einer Gefährdung der unantastbaren Gehalte des
Demokratieprinzips nicht trägt.
115 3. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts verletzt damit Art. 140 GG i. V. m. Art. 137
Abs. 5 Satz 2 WRV. Die Entscheidung beruht auf diesem Verfassungsverstoß, weil nach dem
bisherigen Sach- und Streitstand nicht abzusehen ist, ob der Beschwerdeführerin der Status
einer Körperschaft des öffentlichen Rechts aus anderen Gründen zu versagen wäre oder nicht.
116 Insbesondere ist im fachgerichtlichen Verfahren offen geblieben, ob die Beschwerdeführerin
– wie das Land Berlin behauptet – durch die von ihr empfohlenen Erziehungspraktiken das
Wohl der Kinder beeinträchtigt oder austrittswillige Mitglieder zwangsweise oder mit vom
Grundgesetz missbilligten Mitteln in der Gemeinschaft festhält und damit dem staatlichen
Schutz anvertraute Grundrechte beeinträchtigt.
VII.
117 1. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist aufzuheben und das Verfahren an das
Bundesverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG). Bei der den Fachgerichten
nunmehr aufgegebenen erneuten Prüfung des Verleihensanspruchs im Wege der typisierenden
Gesamtbetrachtung wird insbesondere zu klären sein, ob die staatlichem Schutz anvertrauten
Grundrechte Dritter einer Verleihung des Körperschaftsstatus entgegenstehen.
118 2. Soweit die Verfassungsbeschwerde auch den Bescheid der Senatsverwaltung für
Kulturelle Angelegenheiten vom 20. April 1993 einbezieht, kommt dem in diesem Verfahren
keine eigenständige Bedeutung zu, weil die Verwaltungsgerichte diesen Bescheid auf die
Verpflichtungsklage der Beschwerdeführerin hin in vollem Umfang überprüft und ihrerseits über
den Anspruch der Beschwerdeführerin entschieden haben.
119 3. Die Bundesrepublik Deutschland hat der Beschwerdeführerin gemäß § 34a Abs. 2 BVerfGG
die notwendigen Auslagen zu erstatten.
D.
120 Diese Entscheidung ist einstimmig ergangen.
Quelle: © juris GmbH
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Ich hatte heute ein sehr interessantes Telefonat mit unserer Senatskanzlei. Meine Frage: was braucht es, um auch hier in Hamburg die Körperschaftsrechte der Zeugen Jehovas anzufechten und wie muss man das tun?
In Hamburg wurden die Körperschaftsrechte durch Verordnung verliehen. Daher kann ich das weder anfechten noch sonst durch Rechtsanspruch erneut auf den Weg bringen. Es ist angezeigt zunächst die Verfahren in Baden Würtemberg, Bremen usw. abzuwarten. Würden diese in unserem Sinne positiv abgeschlossen sein, dann müssten die anderen Länder, also auch Hamburg den Sachverhalt neu beurteilen. Vorher fehlt dazu die Rechtsgrundlage, weil das Bundesverfassungsgericht von Körerperschaften, die Religionsgemeinschaften sind, keine Loyalität zum Staat verlangt.
Sie müssen noch nicht einmal demokratisch sein. Wer Lust hat sich mit dem Inhalt auseinanderzusetzen, findet das urteil hier im Volltext.